Ich war acht oder neun Jahre alt, als ich mit meinen Eltern den Duisburger Zoo besuchte. Im Affenhaus gab es zwei Glasquader, die als Gehege für Schildkröten und Leguane hergerichtet waren. Ein paar Jahre später wurden die Glaskästen oben geöffnet und seitdem lebten hier Schildkröten aus Südamerika. Es waren Waldschildkröten (Chelonoidis denticulatus) und Köhlerschildkröten (Chelonoidis carbonarius – damals noch Testudo carbonaria).

Meine Eltern hatten damals große Mühe mich von den Glaskästen wegzulocken. Meistens half ihnen die Firma Langnese® dabei. Meine Begeisterung für Beides (Schildkröten und Eis) blieb. Es dauerte jedoch über 30 Jahre bis ich mir endlich den Traum einer artgerechten Köhlerschildkrötenhaltung verwirklichen konnte. Einige Jahre zuvor habe ich mit europäischen Arten meine Landschildkrötenhaltung begonnen. Es folgten die ersten Nachzuchterfolge und viel Aufklärungsarbeit. Dann besuchte ich nach vielen Jahren wieder einmal den Duisburger Zoo und bekam eine Jahreskarte geschenkt. Ich war Dauergast im Äquartorium®. Stunden lag saß und stand ich vor dem Gehege der Waldschildkröten und noch länger beobachtete ich das Gehege der Köhlerschildkröten. Und es erwachte das fast vergessene Interesse an diesen südamerikanischen Buntnasen.

Pläne wurden geschmiedet und umgesetzt, bis zwei Jungtiere des Krefelder Zoos bei mir einzogen und eine neue Ära einläuteten. Von da an wuchs mein Interesse fast ins unermessliche. Ich las alle alten Artikel in Fachzeitschriften und Kapitel in Büchern. Jeder Text, in dem die Köhlerschildkröte beschrieben wird,
versuche ich seitdem zu bekommen und auch die Anzahl meiner Köhlerschildkröten wuchs. Über meine damalige Homepage bekam ich immer wieder mal Tiere aus schlechter Haltung angeboten und so leben heute insgesamt fünf Buntnasen in meinen Gehegen.
Und das ist das heutige Zuhause von vier Köhlerschildkröten. Das Schutzhaus hat eine Grundfläche von ca. 10 m². In diesem Innengehege verbringen die tropischen Landschildkröten die meiste Zeit. Ja, Köhlerschildkröten lieben es feucht und warm. Nachts sollten die Temperaturen nicht unter die 20-Grad-Marke sinken, und tagsüber darf es auch schon mal über 30 Grad warm werden. Die Feuchtigkeitswerte liegen immer zwischen 75 und 90 %. Zum Glück fallen die meisten Winter hier im Ruhrgebiet nicht ganz so kalt aus, und so können die Schildkröten bereits im April schon das eine oder andere Mal ins Freigehege. Natürliches Sonnenlicht ist durch nichts zu ersetzen und so öffne ich das Tor zum Freigehege sobald die Außentemperaturen bei 20 Grad liegen. Der Temperaturmesspunkt liegt an einer sonnigen Stelle im südlichen Freigehege. Zu Beginn des Frühlings laufen die Köhlerschildkröten nur sporadisch durchs Freiland und fressen oft nur die frischen Triebe. Danach geht es häufig direkt wieder ins Innengehege. Man darf also nie vergessen: Köhlerschildkröten sind tropische Landschildkröten, und kommen ursprünglich aus den feuchtwarmen Gegenden Südamerikas.
Ein zweites Schutzhaus in meinem Gehege besteht aus Glas. Das alte Gewächshaus dient als Zufluchtsort der Tiere im Sommer. Während der warmen Jahreszeit lebt hier zeitweise von den Weibchen getrennt mein Köhlermännchen Carlos. Obwohl das Männchen relativ ruhig ist und Köhlerschildkröten auch sonst nicht allzu aggressiv sind wird er für zwei bis drei Monate von den Weibchen getrennt. Die Wiedersehensfreue im Spätsommer läutet dann den Beginn der Paarungszeit ein. Carlos lebt während seiner Isolation im Gewächshaus und im zweiten (nördlichen) Freigehege. Meine beiden Freigehege sind
unterschiedlich gestaltet.

Das südliche Freigehege ähnelt einer Buschlandschaft mit niedrigen Sträuchern. Hundsrose, Ginster und Hainbuche bieten Schatten und Verstecke, unter denen frische Kräuter wachsen. Im nördlichen Freigehege finden die Köhlerschildkröten eine Graslandschaft mit hohen Gräsern und einem geringen Anteil an Frischkräutern.

Köhlerschildkröten ernähren sich überwiegend pflanzlich. Das ausgeglichene Längenverhältnis von Dick- und Dünndarm erlaubt der Köhlerschildkröte jedoch eine omnivore Ernährung. Das bedeutet, dass sie sich auch schon mal mit einem Wurm oder einer Schnecke etwas tierisches Eiweiß gönnt. Während sich meine Buntnasen während der gesamten Freilandsaison ihre Würmer selber fangen müssen, bekommen sie während der Wintermonate in ihrem Innengehe alle paar Wochen auch schon mal etwas tierische Nahrung. Die Hauptnahrung besteht ganzjährig aus frischen Kräutern und sobald im Winter diese zu Neige gehen werden verschiedene Salatsorten angeboten (Radicchio, Rucola, Chicorée, Romana, Endivien usw.…). Alle paar Wochen gibt es auch etwas Fruchtiges. Während im Sommer die Hundsrosen ihre Hagebutten im Gehege verlieren und der Hibiskus seine Blüten, bekommen meine Köhlerschildkröten im Winter sehr selten auch schon mal etwas Papaya oder Apfel. Und da meine Buntnasen aus den feuchtwarmen Gebieten Südamerikas stammen verwundert es nicht, dass sie auch Pilze nicht verschmähen. Speisepilze haben den positiven Nebeneffekt Vitamin D³ zu beinhalten. Mit Hilfe dieses Vitamines schafft es die Schildkröte aufgenommenes Kalzium in den Knochen einzulagern. Kommen wir noch einmal zurück zum natürlichen Sonnenlicht. Dieses enthält einen gewissen Anteil an UV-B.

Der Anteil der Ultravioletten Strahlung hilft der Landschildkröte das zuvor angesprochene Vitamin D³ selbst zu produzieren. Damit meine Köhlerschildkröten gesund bleiben, Kalzium im Knochenbau einlagern können, und somit immer einen schönen, festen Panzer haben, benötigen sie eine gute UV-Quelle und eine ausgewogene Ernährung. Des Weiteren brauchen sie eine angemessene Wärmequelle, die es ihnen ermöglicht ihre Stoffwechseltemperatur zu erreichen. Landschildkröten sind nun mal wechselwarme Tiere und können ihre Körpertemperatur nur über die Umgebungstemperatur steuern. Meine künstlichen Sonnenplätze bestehen im Innengehege somit aus leistungsstarken Halogenstrahlern, unter deren Lichtkegel jeder Teil der Schildkröte schnell warm wird. Eine „Osram Ultravitalux®“ sorgt in der Mittagszeit für eine angemessene Portion UV-B-Strahlung.

Meine Köhlerschildkröten sind täglich ab acht Uhr mehr oder weniger aktiv. Der Tag beginnt mit einem Sonnenbad und häufig auch mit einem Bad im beheizten Badebecken. Drei meiner fünf Buntnasen sind ausgiebige „Schwimmer“, während die anderen Beiden die Wasserstelle nur sporadisch zum trinken aufsuchen. Ich füttere mehrmals täglich. Jedes Mal wenn ich das Gehege betrete verlassen die Tiere kurze Zeit später ihre Verstecke und suchen nach Futter.

Manchmal betrete ich das Gehege auch ohne Futter und die Buntnasen suchen vergeblich. Aber sie sind dadurch aktiv und beim meinem nächsten Besuch gibt es dann ja auch wieder etwas zu suchen (und zu finden)…

Die Haltung von Köhlerschildkröten ist tückisch. Dabei spielt das Element Wasser eine entscheidende Rolle. Wegen dem hohen Feuchtigkeitsbedarf der Köhlerschildkröte kämpft man als Halter ständig damit seine Gehege schimmel- und parasitenfrei zu halten. Deshalb sollte man sich schon vor der Haltung dieser liebenswerten Nasen besonders gut überlegen, ob man wirklich Köhlerschildkröten halten möchte, und halten kann. Schimmel in der Wohnung ist häufig der Beginn eines gestörten Mieter/Vermieter-Verhältnisses.

Damit die Wände in meinem Innengehege trotz der hohen Luftfeuchtigkeit nicht schimmeln verwende ich eine Infrarotheizung. Diese Art Heizung erlaubt es mir relativ günstig mein Innengehege so aufzuwärmen, ohne dass die Wände feucht werden.

Ich kann Stunden lang vor meinen Gehegen sitzen und den Schildkröten bei ihren täglichem Treiben zusehen. Bis heute habe ich meine Entscheidung nicht bereut. Vielmehr ist es so, dass meine Begeisterung für diese Schildkrötenart stetig wächst. Zumal man im Laufe der Jahre immer mehr Halter kennenlernt und es somit auch immer häufiger Fachberichte zu lesen gibt.

Für Fragen und Anregungen bin ich immer dankbar. Mehr dazu auf meiner kleinen Homepage.

Halten Sie auch Schildkröten? Dann beschreiben Sie doch kurz Ihre Haltung hier auf der Seite der „Interessengemeinschaft Schildkrötenschutz und Nachzucht e.V.“ Ob Europäer, Afrikaner oder Asiaten – welche Arten halten Sie? Und warum ausgerechnet dieses Art? Ab sofort versuchen wir jeden Monat eine weitere Haltung vorzustellen…

Ralf Czybulinski

Diese Internetseite verwendet Cookies und Google Analytics für die Analyse und Statistik. Wir nutzen Cookies zu unterschiedlichen Zwecken, unter anderem zur Analyse und für personalisierte Marketing-Mitteilungen. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie der Verwendung zu.  Mehr erfahren