Wer wie ich schon eine Weile Schildkröten hält und nicht mehr intensiv nach neuen Tieren für seine Gruppe sucht, hat das schwerste Kapitel in der Schildkrötenhaltung hinter sich. Sollte man zumindest meinen. Doch leider werden wir trotzdem immer wieder auf die Probe gestellt. Wer wie ich offensiv über seine Haltung berichtet, bekommt nun mal häufiger auch ein paar schöne Schildkröten angeboten, die man im „stillen Kämmerlein“ niemals bekommen würde. Und das, weil die abgebenden Personen gezielt nach selbst ernannten Experten suchen, damit ihre geliebten Schildkröten einen wirklich „guten Platz“ erhalten…

Peinlich berührt sage ich in letzter Zeit immer häufiger ab, da meine Gehegekapazität die Aufnahme weiterer Köhlerschildkröten unmöglich macht. Wobei – na ja – eine geht wohl noch…

Doch erreichen mich auch Berichte befreundeter Halter und Züchter, die plötzlich und vollkommen unerwartet mit ihrer Schildkrötenhaltung aufhören. Nicht etwa weil sie keine Lust mehr hätten. Obwohl in gewisser Weise dann schon. Eine unheilbare Krankheit ist der Grund. Aber nicht der Halter selber ist betroffen. Nein, in seinem Schildkrötenbestand ist plötzlich und unerwartet Herpes ausgebrochen…

Wie konnte das passieren? Seine Gruppe lebte seit über 10 Jahren zusammen, und nie zeigte eine Schildkröte Symptome…

Ganz einfach, der Gute hatte sich nach all den Jahren entschlossen, ein ihm angebotenes Schildkrötenweibchen dazu zunehmen und vertraute dem Vorbesitzer, dass seine Tiere negativ auf Herpes getestet seien. Mal davon abgesehen, dass noch weitere Viren und Erkrankungen in neuen Tieren schlummern können, handelte der Halter alleine durch die Vertrauensfrage sehr fahrlässig. Aber man hat ja dennoch Mitleid. Verständnis hingegen konnte er von mir nicht erwarten. Schließlich kennen wir beide uns schon so lange und er kennt meine Vorgeschichte zum Thema Herpes. So etwas sollte einem sehr erfahrenen Halter nicht passieren. Oder war es gerade die eingeschlichene Routine, die ihm das eingebrockt hat?

Ja auch ich hatte schon eine Köhlerschildkröte mit Herpes hier in einem meiner Quarantänegehege. Aber eben glücklicherweise im vorhandenen Quarantänegehege. Diese Art der Isolation neuer und/oder erkrankter Tiere ist nicht nur empfehlenswert. Auffangstationen und Tierheimen schreibt der Amtsveterinär solche Isolationen vor, bevor ein Tier überhaupt vermittelt werden darf. Erst wenn nachgewiesen wurde, dass eine Schildkröte keine ansteckenden Krankheiten hat, darf sie vermittelt werden und die Quarantänestation verlassen.

Ich bin keine Auffangstation und auch kein Tierheim. Eine Quarantänestation habe ich dennoch. Herpes, Mykoplasmen, Virus X, Ranavirus, und, und, und…

Jeder Tierhalter sollte sich zunächst davon überzeugen, dass Alttiere und neue Tiere frei von ansteckenden Krankheiten sind, bevor sie die Tiere zusammensetzen.

Da kann man Schildkröten von einem Züchter vor einem Jahr gekauft haben, und im kommenden Jahr weitere Tiere bei ihm kaufen. Die neu hinzu gekommenen Schildkröten gehören in Quarantäne. Man weiß nie, was der Halter oder Züchter im letzten Jahr alles dazu bekommen hat. Und ob in seinem Bestand immer noch nur dieselben Tiere leben, wie im Jahr zuvor…

Das geschah vor kurzem einer jungen Halterin aus dem Saarland. Sie hatte sich 2016 eine Gruppe adulter Tiere bei einem Züchter gekauft, der nun 2017 seine Haltung ganz aufgeben wollte. Sie nahm von ihm also noch zwei weitere Tiere dazu. Quarantäne? Nein!

Nach vier Wochen begann das erste Weibchen an zu fiepen und später zu röcheln… Blutabnahme, Befund: Herpes positiv!!! Ob der Züchter es geahnt hat und deshalb seine Haltung beendete? Man weiß es nicht. Immerhin sollte die Halterin ihr Geld von ihm zurück bekommen. Den Schildkröten hilft das wenig.

Wer nun denkt, dass Herpes oder Mykoplasmen erst in den letzten Jahren vermehrt auftreten der unterliegt einem Irrtum. Das Herpesvirus kennt man seit den 1980er Jahren. Alleine die heutigen sozialen Netzwerke und Internetforen bringen immer mehr Fälle ans Tageslicht. Man spricht nicht gerne darüber. Auch die Kapitel über Krankheiten in den verschiedenen Ratgebern scheinen gerne überblättert zu werden, anstatt mal darin zu lesen. Ob es prozentual zu vermehrten Herpesfällen kommt, weiß ich nicht. Aber die Aufklärung darüber muss ganz deutlich verstärkt werden. Deshalb hat die IGSN zusammen mit ihren Mitgliedern und erfahrenen Haltern Informationsbroschüren zu den Themen, Herpes, Mykoplasmen und Quarantäne bei Schildkröten angefertigt. Sie können gerne von Haltern und Züchtern angefordert werden.

Diesen oder andere Themenflyer von uns finden Sie hier.

Diese Internetseite verwendet Cookies und Google Analytics für die Analyse und Statistik. Wir nutzen Cookies zu unterschiedlichen Zwecken, unter anderem zur Analyse und für personalisierte Marketing-Mitteilungen. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie der Verwendung zu.  Mehr erfahren